Ece ist 20 Jahre alt und studiert im vierten Semester Grundschullehramt mit dem Hauptfach Politik und Gesellschaft an der Universität Augsburg in Bayern. Die gebürtige Münchnerin lebt mit ihrer Familie – und den beiden Katzen Coco und Chanel. Was sie am Lehramt begeistert, warum Augsburg die perfekte Hochschulstadt ist und welche Tücken das Studium bietet, darüber haben wir uns mit ihr unterhalten.
Liebe Ece, eine Frage vorab: Grundschullehramt und Politikwissenschaftsstudium – wie passt denn das zusammen?
Bei Grundschule denken immer alle nur an Mathe und Deutsch, das stimmt. Dabei kann man viel mehr Fächer studieren, wenn man Grundschullehrer*in werden möchte! Ich hatte immer schon ein ausgeprägtes Interesse an Politik und verbinde es nun mit meinem beruflichen Ziel. Zurück zur Frage: Es ist wichtig, Kinder früh auf gesellschaftlich relevante Themen zu sensibilisieren. Kinder sind so beeinflusst von zu Hause, da ist es wichtig, dass wir als Lehrkräfte sie gut begleiten. Natürlich kann ich nur einen Bruchteil von dem, was ich meinem Hauptfach lerne, im Grundschulalltag wiedergeben. Umso wichtiger ist es, das dann auch zu tun. Ich bin der Meinung, diese gesellschaftlichen Themen sollten auch in den unteren Klassen schon viel mehr Raum bekommen. Wir können uns stark machen, gegen Diskriminierung zum Beispiel, und im Ethikunterricht unser Wissen einbringen.
Seit wann war für dich klar, was du studieren möchtest? War eine Ausbildung auch eineOption?
Dass ich studiere, war eigentlich immer klar. Es gab auch einfach keine Ausbildung, die mich interessiert hat. Ich hätte sonst auch gern Politik auf Bachelor studiert, aber ich bin ein sicherheitsliebender Mensch. Daher dieser Weg. Ich hätte gerne einen sicheren Job. Daher ist es dann das Grundschullehramt geworden und durch mein Hauptfach kann ich meine Leidenschaft für Politik mit einbringen.
Inhaltlich ist es zwar anspruchsvoll, aber da mich die Inhalte interessieren, macht es großen Spaß.
Rückblickend: Ist das Studium dierichtige Wahl für dich?
Ja absolut. Das Student*innenleben gefällt mir gut, die Uni Augsburg hat einen tollen Campus, ganz klassisch. Das Studium fällt mir leicht. Inhaltlich ist es zwar anspruchsvoll, aber da mich die Inhalte interessieren, macht es großen Spaß. Nächstes Jahr habe ich das Grundstudium fertig und überlege, ob ich den Bachelor of Education noch mache oder einen Bachelor in Sozialwissenschaften hinzunehme, um perspektivisch auch noch andere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu haben.
Das Wichtigste ist Geduld. Dazu Herzlichkeit und Empathie.
Wann ist man aus deiner Sicht geeignet für den Lehrberuf?
Das Wichtigste ist Geduld, im Vermitteln bei Lernschwächen und auch auf der persönlich emotionalen Ebene. Kinder wollen ihre Grenzen testen, da braucht man ein dickes Fell und darf nichts persönlich nehmen. Das ist schwieriger als gedacht, weil man es dann eben doch persönlich nimmt … Man muss das Ziel vor Augen haben und mit Selbstzweifeln umgehen können. Dazu Herzlichkeit und Empathie.
Wir haben einen tollen Campus, die Profs sind nicht abgehoben. Ich hatte da immer ein sehr klischeehaftes Bild, aber das hat sich überhaupt nicht bestätigt. Viele Dozenten sind sehr jung, kommen aus dem Job, viele Frauen unterrichten. Und Augsburg ist eine tolle Stadt, es sind zwar rund 300.000 Einwohner, aber trotzdem hat es Kleinstadt-Flair. Viel Natur und vor allem ist es sehr herzlich: Man fühlt sich hier einfach willkommen, egal, woher man kommt. Augsburg ist weltoffen und freundlich.
Augsburg ist eine tolle Stadt, es sind zwar rund 300.000 Einwohner, aber trotzdem hat es Kleinstadt-Flair.
Wie findet man raus, ob man für den Beruf geschaffen ist?
Das ist tatsächlich schwierig. Auch welche Schulart man nimmt. Praktika sind wichtig, und auch danach nicht die pinke Brille aufzusetzen, weil es bei der erfahrenen Kraft, bei der man zuschauen darf, so gut läuft. Sondern auch mal bitten, ehrlich vom Job zu berichten und sich auch einmal selbst vor die Klasse stellen zu dürfen. Außerdem sollte man sich mit dem Hauptfach vorher gut auseinandersetzen, da es viel Raum einnimmt im Studium. Man sollte sich auch fragen, ob einem die Rahmenbedingen liegen: Konfliktmanagement, Elternarbeit etc.
Hast du schon Praxiserfahrungen sammeln können?
Ja. Gegenüber meiner Uni ist eine Grundschule, da wollte ich unbedingt arbeiten, da war ich hartnäckig, am Ende haben sie mich eingeladen zu einem Vorstellungsgespräch. Seit 1,5 Jahren gebe ich als Unterstützungslehrkraft Förderunterricht für Deutsch und Mathe. Anfangs habe ich auch nach Feierabend gern mal nach Jobs gegoogelt, weil es doch anspruchsvoller war, als ich erwartet hatte. Aber jetzt bin ich mir sicher. Der Prozess ist wichtig und gehört irgendwie dazu.
Hast du einen Tipp, nach welchen Kriterien man die Fächer aussuchen sollte, die man später unterrichten will?
Nach Interesse. Und man sollte unbedingt abstrahieren von den Inhalten eines Grundschulfaches auf die inhaltliche Ebene des Studiums. Am Bespiel Deutsch: Da geht es natürlich in der Uni dann nicht um Lesen und Schreiben lernen, sondern um ein komplettes Germanistik-Studium, Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Mittelhochdeutsch. Das braucht man in der Grundschule dann nie wieder, aber gehört bei einem Hauptfach einfach dazu. Das ist auf einem sehr hohen Niveau, das sollte man nicht unterschätzen.
Kinder wollen ihre Grenzen testen, da braucht man ein dickes Fell und darf nichts persönlich nehmen.
Welche Vor- und auch Nachteile siehst du für dich persönlich in dem Beruf?
Ein großer Vorteil ist die Sicherheit. Dass er einen aktiv hält, man wird geistig immer beansprucht, das hält fit. Man macht etwas für die Gesellschaft Relevantes. Es ist ein sehr erfüllender Beruf. Nachteile: Man darf es sich eben nicht zu Herzen nehmen, wenn die Kinder auch mal negative Dinge tun oder sagen. Wenn die Kinder zuhause Probleme haben, verhalten sie sich auch in der Schule anders, und trotzdem denkt man, dass es an einem selbst liegt. Damit muss man dann umgehen können. Und dass man nicht jedem Kind zu hundert Prozent und immer helfen kann. Man muss ja schließlich alle Kinder im Blick behalten. Ein klarer Nachteil ist auch, dass man hier in Bayern überallhin versetzt werden kann, fürs Referendariat und auch danach. Bis man sich gezielt bewerben kann, das dauert. Der Einsatz kann sehr weit von zuhause entfernt sein und bereitet vielen Student*innen Sorgen.
Ein großer Vorteil ist die Sicherheit. Dass er einen aktiv hält, man wird geistig immer beansprucht, das hält fit. Man macht etwas für die Gesellschaft Relevantes.