Germanistik ist einer der beliebtesten Studienwünsche in deutschen Abiturjahrgängen. Dementsprechend viele Bewerbungen potenzieller Studierender gehen an den Universitäten alljährlich für dieses Studienfach ein. Gleichzeitig herrscht oft Unklarheit darüber, in welchen Bereichen sich die im Germanistikstudium erworbenen Kenntnisse tatsächlich beruflich nutzen lassen. Hier erfährst du, was typische Inhalte eines Germanistikstudiums sind, welche Spezialisierungsmöglichkeiten es bietet und in welchen beruflichen Tätigkeitsfeldern du damit später arbeiten kannst.
Von der Universität bis zur Werbeagentur: vielfältige Berufschancen für Germanistik-Studierende
Die gute Nachricht vorweg: Es dürften in der Praxis nur die allerwenigsten ehemaligen Germanistikstudis sein, für die der Taxischein irgendwann zum wichtigsten Schein aus ihrer Studienzeit geworden ist. Tatsächlich sind die Berufsperspektiven für Germanistikstudierende überraschend vielfältig. Wer sich beispielsweise die Lebensläufe von Berufstätigen aus den unterschiedlichsten Bereichen ansieht, findet darunter erstaunlich oft ehemalige Germanistikstudierende, die in diesem Fach ihren Bachelor- oder Masterabschluss erworben oder es in einer geisteswissenschaftlichen Fächerkombination studiert haben. Neben dem Lehramt und wissenschaftlichen Tätigkeiten an germanistischen Instituten von Hochschulen und Universitäten oder anderen Forschungseinrichtungen bietet das Germanistikstudium auch eine gute Basis für eine Arbeit in Bibliotheken und anderen Kultureinrichtungen, im Verlagswesen, beispielsweise im Lektorat, im Journalismus oder in Bereichen wie Werbung sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und sogar in der forensischen Linguistik. Sinnvoll und hilfreich ist es in jedem Fall, möglichst früh – zum Beispiel durch Praktika – schon erste Einblicke in verschiedene Berufsfelder zu gewinnen und dann im Laufe des Studiums möglicherweise passende Studienschwerpunkte setzen zu können.
Achtung, Denkfehler: Germanistik ist keine Fortsetzung des Deutschunterrichts
Ein weit verbreiteter Irrtum über das Germanistikstudium besteht darin, dass es häufig für eine Art Fortsetzung des Deutschunterrichts aus der Schule gehalten wird. Dies trifft so allerdings nicht zu, auch wenn es natürlich gewisse inhaltliche Berührungspunkte zwischen beiden Bereichen gibt. Auch wer eine private Vorliebe für Literatur hat und in der Freizeit gern und viel liest, ist deswegen nicht automatisch für das Studienfach Germanistik prädestiniert. Im Laufe eines Germanistikstudienganges sind zwar auch Module in Literaturwissenschaft zu absolvieren, in denen bedeutende literarische Werke und deren Autorinnen und Autoren behandelt werden, doch daneben gilt es auch eine ganze Reihe von klassischen „Lernfächern“ zu belegen. Dazu gehören insbesondere Linguistik oder Mediävistik als zwei unverzichtbare Grundlagenfächer eines jeden Germanistikstudiums. Sprachgeschichtliche Entwicklungen werden ebenso behandelt wie Dialektologie oder Grammatiktheorie. Und neben Werken der zeitgenössischen Literatur und früherer Epochen wie beispielsweise der Aufklärung, der Klassik oder der Romantik werden auch alt- und mittelhochdeutsche Texte gelesen und analysiert.
Vielfältige Spezialisierungsmöglichkeiten nach den Basismodulen
Ein von vielen Studierenden geschätzter Vorteil des Faches Germanistik ist, dass es zunächst mit einigen für alle obligatorischen Einführungsveranstaltungen und Basismodulen beginnt, danach aber relativ breit gefächerte Wahlmöglichkeiten bietet. Die Basismodule erstrecken sich in der Regel über die ersten beiden Semester, sodass man schon im dritten Semester damit beginnen kann, den eigenen Studienplan nach individuellen Interessenschwerpunkten zu gestalten, wenngleich natürlich auch in den höheren Semestern bestimmte Vorgaben des Studienplanes einzuhalten sind. So können Studierende selbst entscheiden, ob sie sich lieber mit mehr sprachtheoretischen Fragen und Literaturwissenschaft im Allgemeinen auseinandersetzen oder tiefer in das Denken und Wirken bestimmter Autorinnen und Autoren eindringen möchten. Interessant ist auch die an vielen Universitäten gebotene Möglichkeit, das Germanistikstudium um Komponenten aus anderen Fächern zu bereichern, entweder von vornherein durch entsprechende Fächerkombinationen im gewählten Studiengang oder fallweise durch Belegen von Wahl- oder Zusatzveranstaltungen aus anderen Fachbereichen.
Ist „Germanist*in“ denn nun ein „echter“ Beruf?
Nun ja, als Selbstbezeichnung von ehemaligen Studierenden, die ein Germanistikstudium erfolgreich abgeschlossen haben, wird der Begriff durchaus häufiger verwendet. Doch als Bezeichnung für ausgeschriebene Stellen taucht er nur selten auf. Am ehesten wird der Studiengang in Stellenausschreibungen noch unter den potenziell infrage kommenden Studienrichtungen genannt. Insofern ist die Frage, ob Germanist*in eigentlich wirklich ein Beruf sei, nicht ganz von der Hand zu weisen. Eine Ausbildung für ein konkretes Berufsbild ist das Studium der Germanistik tatsächlich nicht, ebenso wenig wie die meisten anderen geisteswissenschaftlichen Studiengänge. Entscheidend sind vielmehr bestimmte generalistische Schlüsselqualifikationen, die ein solches Studium vermittelt und die in sehr unterschiedlichen Berufsfeldern von Nutzen sind. Dazu zählen vor allem die Fähigkeiten, Texte und Sprachstrukturen zu analysieren, sich anhand von Quellen und Literatur in komplexe Themengebiete einzuarbeiten oder auch Wissen an andere Menschen weiterzugeben.